Verantwortung

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Verantwortung

Als ich letztens schlaftrunken in Dänemark von der Fähre stolperte, fand ich diese Szene vor mir. So minimalistisch und doch so ausdrucksstark. Das Bild stellte ich meiner Blogger Kollegin nikaexplainstheworld.de vor und sie hatte sofort die passende Geschichte dazu im Kopf. Verantwortung.


Ich spüre Kälte. Nicht draußen, da ist es noch viel zu warm für diese Jahreszeit. Drinnen, in mir, da fühlt es sich kalt an und es fröstelt mich. Mein Denken verlangsamt sich und trübt meine Sinne.

Das ungleichmäßige Hämmern von Werkzeugen auf Metall schiebt sich unwillkürlich in mein Bewusstsein. Es ist 5 Uhr morgens und die Straßen sind noch fast menschenleer. Eine verlorene Seele kauert unweit von mir entfernt auf einem Stück Pappe, versunken in seinen unruhigen von Alkohol und Drogen geschwängerten Träumen. Ich frage mich wie man so etwas überhaupt aushält, wie man soweit sinken kann und gleichzeitig lausche ich weiter ignorant meinen Gedanken an gesellschaftliche Illustrationen. Ich befürworte meine Ignoranz indem ich weiter gehe und meiner Empathie eine Auszeit gewähre. 

Plötzlich aus dem Hinterhalt greift etwas nach mir, packt mich am Hals, zieht mich zurück und nimmt mir für einen Moment die Luft zum Atmen. Das Rauschen in meinen Ohren überdeckt die Außenwelt und ich suche panisch nach einem Ausweg. Der Moment allerdings hält viel zu kurz an. Und viel zu schnell und ohne Nachhaltigkeit ist diese Szene aus meinem Kopf wieder verschwunden. Und gleichzeitig steigt die Kälte in mir noch weiter auf. Meine Lippen färben sich blau. Ich kann ein Zittern kaum noch unterdrücken.

Das Quietschen von Bremsen auf Metall dröhnt in mein paralysiertes Ich. Es vervielfacht sich und ich kann es kaum ertragen. Ich stolpere weiter einsam durch den Untergrund, den Blick gesenkt. Der Gedanke daran, jemandem zu begegnen, widert mich fast an. Ich will für mich sein. Der Gesellschaft aus dem Weg gehen. Ich starre wie gebannt auf die Linien der Betonplatten und konzentriere mich auf die Reaktionen meines Körpers. Meine Hände kann ich kaum noch ruhig halten. Ich setze ganz automatisch einen Fuß vor den anderen, doch es fühlt sich falsch an, unwirklich, meine Füße treten ins Leere, meine Knie geben unter mir nach und ich sinke auf den kalten Asphalt. Um mich wird es schwarz und mein Bewusstsein verabschiedet sich. Ich versinke in meinem Unterbewusstsein und gebe die Kontrolle ab. Einen verlorenen Moment lang gebe ich mich der Dunkelheit hin und habe keine Chance mehr aus eigener Kraft zu entkommen. Ich habe eine unsichtbare Grenze überschritten. Alles um mich verschwimmt, wird egal. Alles wird eins. 

Eine andere Szene, ich wache auf, der Geruch von gereinigtem Linoleumboden steigt mir in die Nase. Um mich ist es warm, die Kälte ist verschwunden, ebenso die Dunkelheit. Leuchten an der Decke fluten unangenehm den Raum. Meine Augen brennen. Meine Gedanken überschlagen sich. Kalter Schweiß steht auf meiner Stirn und mein Kopf dröhnt vor Schmerz. Wie bin ich hierhergekommen? Was ist passiert? Meine Sinne sind jetzt weitestgehend klar und in Alarmbereitschaft. Und nach und nach fügen sich die verlorenen Puzzleteile ineinander und mir wird bewusst, dass mich irgendjemand heute Morgen nicht einfach abgetan hat, als schlafendes Wrack, dem nicht mehr zu helfen ist. Sondern, dass jemand mit einer großen gesellschaftlichen Sozialintelligenz mein egoistisches Sein in seine Hände genommen hat. Und dann wird es mir plötzlich bewusst, dieses Zahnrad Ding. Das, was eine funktionierende Gesellschaft ausmacht, mein kleines Rädchen, das auch ich in die Maschinerie einspannen muss, damit es dem großen Ganzen zugutekommt. Das Rädchen, das das soziale Sein vom Asozialen unterscheidet. Und ich beginne zu begreifen, wie ungleich dieses Gewicht manchmal in der Waagschale gesetzt ist. Und das wir uns unserer Verantwortung nicht entziehen können. Es sollte deshalb nicht der gesellschaftliche Druck sein, den wir uns ausgesetzt fühlen und ihn deshalb ungerne annehmen oder gar ablehnen, sondern es sollte unsere sozialkompetente Intelligenz sein, die uns in unseren Entscheidungen ganz intuitiv auf dem richtigen Weg voran treibt. Und das bedeutet auch, dass wir nicht unsere Augen verschließen dürfen, vor dem was wir Verantwortung nennen. Danke für diese Erkenntnis.

Und so endet meine Gedankenwelt mit einem fast floskelhaften Satz der aber so eine wahre und reine Bedeutung hat, dass wir sie uns immer und immer wieder vor Augen führen sollten.

Ich spüre Kälte. Nicht draußen, da ist es noch viel zu warm für diese Jahreszeit. Drinnen, in mir, da fühlt es sich kalt an und es fröstelt mich. Mein Denken verlangsamt sich und trübt meine Sinne.

Das ungleichmäßige Hämmern von Werkzeugen auf Metall schiebt sich unwillkürlich in mein Bewusstsein. Es ist 5 Uhr morgens und die Straßen sind noch fast menschenleer. Eine verlorene Seele kauert unweit von mir entfernt auf einem Stück Pappe, versunken in seinen unruhigen von Alkohol und Drogen geschwängerten Träumen. Ich frage mich wie man so etwas überhaupt aushält, wie man soweit sinken kann und gleichzeitig lausche ich weiter ignorant meinen Gedanken an gesellschaftliche Illustrationen. Ich befürworte meine Ignoranz indem ich weiter gehe und meiner Empathie eine Auszeit gewähre. 

Plötzlich aus dem Hinterhalt greift etwas nach mir, packt mich am Hals, zieht mich zurück und nimmt mir für einen Moment die Luft zum Atmen. Das Rauschen in meinen Ohren überdeckt die Außenwelt und ich suche panisch nach einem Ausweg. Der Moment allerdings hält viel zu kurz an. Und viel zu schnell und ohne Nachhaltigkeit ist diese Szene aus meinem Kopf wieder verschwunden. Und gleichzeitig steigt die Kälte in mir noch weiter auf. Meine Lippen färben sich blau. Ich kann ein Zittern kaum noch unterdrücken.

Das Quietschen von Bremsen auf Metall dröhnt in mein paralysiertes Ich. Es vervielfacht sich und ich kann es kaum ertragen. Ich stolpere weiter einsam durch den Untergrund, den Blick gesenkt. Der Gedanke daran, jemandem zu begegnen, widert mich fast an. Ich will für mich sein. Der Gesellschaft aus dem Weg gehen. Ich starre wie gebannt auf die Linien der Betonplatten und konzentriere mich auf die Reaktionen meines Körpers. Meine Hände kann ich kaum noch ruhig halten. Ich setze ganz automatisch einen Fuß vor den anderen, doch es fühlt sich falsch an, unwirklich, meine Füße treten ins Leere, meine Knie geben unter mir nach und ich sinke auf den kalten Asphalt. Um mich wird es schwarz und mein Bewusstsein verabschiedet sich. Ich versinke in meinem Unterbewusstsein und gebe die Kontrolle ab. Einen verlorenen Moment lang gebe ich mich der Dunkelheit hin und habe keine Chance mehr aus eigener Kraft zu entkommen. Ich habe eine unsichtbare Grenze überschritten. Alles um mich verschwimmt, wird egal. Alles wird eins. 

Eine andere Szene, ich wache auf, der Geruch von gereinigtem Linoleumboden steigt mir in die Nase. Um mich ist es warm, die Kälte ist verschwunden, ebenso die Dunkelheit. Leuchten an der Decke fluten unangenehm den Raum. Meine Augen brennen. Meine Gedanken überschlagen sich. Kalter Schweiß steht auf meiner Stirn und mein Kopf dröhnt vor Schmerz. Wie bin ich hierhergekommen? Was ist passiert? Meine Sinne sind jetzt weitestgehend klar und in Alarmbereitschaft. Und nach und nach fügen sich die verlorenen Puzzleteile ineinander und mir wird bewusst, dass mich irgendjemand heute Morgen nicht einfach abgetan hat, als schlafendes Wrack, dem nicht mehr zu helfen ist. Sondern, dass jemand mit einer großen gesellschaftlichen Sozialintelligenz mein egoistisches Sein in seine Hände genommen hat. Und dann wird es mir plötzlich bewusst, dieses Zahnrad Ding. Das, was eine funktionierende Gesellschaft ausmacht, mein kleines Rädchen, das auch ich in die Maschinerie einspannen muss, damit es dem großen Ganzen zugutekommt. Das Rädchen, das das soziale Sein vom Asozialen unterscheidet. Und ich beginne zu begreifen, wie ungleich dieses Gewicht manchmal in der Waagschale gesetzt ist. Und das wir uns unserer Verantwortung nicht entziehen können. Es sollte deshalb nicht der gesellschaftliche Druck sein, den wir uns ausgesetzt fühlen und ihn deshalb ungerne annehmen oder gar ablehnen, sondern es sollte unsere sozialkompetente Intelligenz sein, die uns in unseren Entscheidungen ganz intuitiv auf dem richtigen Weg voran treibt. Und das bedeutet auch, dass wir nicht unsere Augen verschließen dürfen, vor dem was wir Verantwortung nennen. Danke für diese Erkenntnis.

Und so endet meine Gedankenwelt mit einem fast floskelhaften Satz der aber so eine wahre und reine Bedeutung hat, dass wir sie uns immer und immer wieder vor Augen führen sollten.

“Behandele andere so, wie du selbst behandelt werden möchtest.”

  1. Nov 18, 2020 6:34 am

    Ein wirklich starker Text! Ich würde gerne daraus zitieren, um in meinem Team über Empathie zu sprechen. Unser Job ist es, Anderen zu helfen. Dies ist oft eine sehr anstrengende Sache, da das Gegenüber auf seiner kleinen Insel gefangen ist und den Blick auf die andere Inseln nicht schafft, sich als den Nabel der Welt sieht.

    • Nov 18, 2020 7:27 pm

      @Jens Meister

      Hallo Jens.

      Vielen lieben Dank für das tolle Feedback. Den Wunsch zum Zitieren würde ich gerne an die Dame, die ich oben im Beitrag verlinkt habe, weiterleiten da der Text ja von ihr stammt.

      Viele liebe Grüße Steffen

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