Derby in Kopenhagen

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Derby in Kopenhagen

Moin und Ahoi. Willkommen zu einer neuen Ausgabe Dorfworker unterwegs in Dänemark. Diesmal habe ich mich beim Fußball rumgetrieben. Nicht bei einem Verein, bei dem man sich beim Aussprechen des Namens die Zunge bricht. Nein, die Mutter aller Derbys, das Spiel der Spiele in Dänemark, Derby in Kopenhagen, das Highlight des Jahres. Nee, nicht das Derby im Pott. FC Kopenhagen gegen Brøndby IF! Noch eine Sache vorweg: Das ist keine Werbung bzw. Unterstützung für das Abbrennen von Feuerwerkskörpern.


1. Das Derby

Dänemark hat zwei große Fußballvereine, den FC Kopenhagen und Brøndby IF. Während Brøndby IF für Tradition und harte Arbeit steht und sich die Fans unter Arbeitern rekrutiert, entstand der FC Kopenhagen erst Anfang der 90er Jahre aus der Fusion zweier Hauptstadtklubs und hat in etwas das Image vom FC Bayern in Deutschland. Konfliktpotenzial: reichlich vorhanden. So durchbrachen die Löwen (Wappen des FCK) mit Gründung die Dominanz von Brøndby im dänischen Fussball.
Nicht umsonst hat das Derby zahlreiche Namen wie „the New Firm“ (Anspielung auf die Derbys in Glasgow) oder auch martialisch, „Slaget om København” (Schlacht um Kopenhagen) oder aber auch „Nyklassikern“ (Neuer Klassiker) genannt.
Das Derby setzt dann am Spieltag auch die sonst so beschauliche Hauptstadt Dänemarks in Aufruhr! Wir waren so mutig und haben uns im Mai letzten Jahres ins Getümmel gestürzt.

Derby

2. Parken

Unser Derby fand im „Parken“ statt. Dem Stadion des FCK, wobei der Parken eher eine Multifunktionsarena ist. Robby Williams sah man hier schon spielen, der Eurovision Song Contest fand hier statt und das Restaurant „Geranium“, welches 2016 3 Michelinsterne ergattern konnte, befindet sich hier.
Die Innenstadtlage zwischen den Vierteln Nørrebro und Østerbro am Fælledpark ist auch nicht die schlechteste für ein Stadion. Wir haben unsere schwedische Staatslimosine feierlich und kostenlos im größten Krankenhaus der Stadt, dem Rigshospital, geparkt. Den Tipp bekam ich von einem befreundeten dänischen Fussballtrainer. Denn Parken rund um den Parken ist eher eine Katastrophe. So macht man sich dann auch auf den Weg durch den Fælledpark zum Stadion. Auf den Wiesen wird gegrillt, Kinder spielen Fußball, Zwerge ziehen auf den Schultern ihrer Väter gen Stadion. Familienfeststimmung pur. Dass die Lage aber jederzeit eskalieren könnte, davon spricht der Helikopter, der über den Köpfen kreist und die vielen Polizisten, die im Schatten ihrer Fahrzeuge der Dinge harren, die da kommen.

Derby
Derby

3. Im Stadion

Die Tatsache, dass die Westtribüne direkt an der vielbefahrenen Straße Øster Allee Richtung Zentrum liegt, macht es vielleicht erklärbar, dass die Einlasskontrolle etwas lascher ausfällt. Klopfer auf die Hosentasche, fixen Blick in den Rucksack und schon ist man drin. 38.000 Menschen passen rein und zum Derby finden sich dann auch mal ein paar Leute mehr ein, als wenn SønderjyskE in Kopenhagen vorspielt.
Im Süden formieren sich dann die FCK Fans und Ultra Gruppierungen und auf der Gegengeraden die Jungs in den gelben Trikots. Verschieden Choreografien, in den sich die Kontrahenten gegenseitig schmähen, und vereinzelte Ausraster von Ultras gingen dem Spiel vor. Dem wurde aber dänische Gemütlichkeit entgegengesetzt. Auf der Westtribüne ging es eher zu wie im Familienblock im Volksparkstadion. Getränke und etwas zu Essen kosten schon mal einen halben Monatslohn, dafür schmeckt es aber lecker.

Derby

4. Anstoß

Der Schiedsrichter pfiff die Partie an und schon brach die Hölle los. Okay, ich war auch schon mal ein „büschen“ eingenebelt im Volkspark, aber das hier? Im gesamten Stadion erhoben sich Männer am Umlauf, zogen sich Sturmhauben über das Gesicht, und zündeten bengalische Feuer. Die schiere Anzahl der Feuer hätte hierzulande einen sofortigen Rückzug der Akteure in die Kabine nach sich gezogen. Aber hier? Während die FCK Spieler noch staunend vor der brennenden Wand standen, schoben Brøndby Spieler die Kugel locker über die Linie. 0:1.

Derby
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5. Das Spiel

Ich bin kein Experte, sehe mir in letzter Zeit aber recht häufig Spiele der 2. Bundesliga an und das Niveau ist hier ganz ähnlich. Hier wurde aber nochmal ne Schippe draufgelegt und um jeden Ball gekämpft, als ob es der letzte wäre. Spielerisch war da nicht viel drin.
In der Halbzeitpause wurden dann die Choreografien von neuem aufgerollt. Die Brøndby Jungs hatten einen zweiten Satz Leibchen dabei und standen plötzlich nicht mehr in Gelb im Block, sondern in Blau. Auch die Farbe der Bengalos wechselte.
Im FCK Fanblock entrollte sich ein neues Riesenbanner, in dem verkündetet wurde, was vom Gegner zu halten sei. Alles in allem ging es aber recht friedlich zur Sache. Tolle Erfahrung. Und am Ende ein 1:1, mit dem alle Leben konnten. 

Derby

6. Zurück in den Urlaub

So wie wir kamen, gingen wir auch wieder. Unter dem Kreisen der Helikopter, unter den Augen der schwer bewaffneten Polizisten, durch den Fælledpark, entlang der ganzen Familien, dem Picknick, dem Freizeitkick, der Hygge.
Kopenhagen, wenn ich kann, komme ich gerne wieder zum Derby.

Derby 2

Fazit: Der ein oder andere wird jetzt zetern wie ein Waschbär, der Dorfworker hat doch ne Macke! Verherrlicht hier das Abbrennen von Feuerwerken im Stadion etc. Nein, das tue ich nicht. Ich halte es für sehr gefährlich aber einen Teil der Fußballkultur.
Dass es auch anders gehen könnte, zeigt eine Initiative  eines Brøndby Fans, der ein bengalisches Feuer entwickelte, das ohne hohe Temperaturen abbrennt. Schade, dass es um das Projekt sehr ruhig geworden ist. Oder weiß jemand mehr? 

Und was ist mit euch? Auch schonmal im Ausland beim Fußball gewesen? Was sind eure Erfahrungen? 

#NeverStopExploring
#NordischbyNature
#ostseeblogger

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